Tragische Schicksale ins Licht rücken – Verlegung weiterer Stolpersteine in Falkensee gegen das Vergessen
Schweigend und konzentriert verrichtet Künstler Gunter Demnig sein Werk. Schweigend und mit großer Anteilnahme verfolgen interessierte Falkenseerinnen und Falkenseer, darunter auch Vertreter der Stadt, Stadtverordnete, Kinder und Jugendliche, Nachbarn, sein Tun - die Verlegung des Stolpersteines, der nun an Elisabeth Steffen, die einst in Falkensee lebte, erinnern soll. Begleitet wird Demnig von den Worten des stellvertretenden Bürgermeister Thomas Zylla. Mit der Verlegung der Stolpersteine will Falkensee ein Zeichen setzen und an die schrecklichen Ereignisse in den 30er und 40er Jahren erinnern. „Stille Schicksale, wie das von Elisabeth Steffen, sollen aus dem Vergessen vorgeholt werden und dazu anregen, die richtigen Schlüsse aus der Geschichte zu ziehen“, mahnt Zylla. Mehr über das Schicksal von Elisabeth Steffen weiß Michael Richter-Kempin zu berichten. Seine Informationen beruhen auf den Recherchen von Manfred Schulz. Er stellt den Anwesenden den Menschen Elisabeth Steffen vor; zumindest das, was man über sie weiß, was über sie zu erforschen war. Elisabeth Steffen kam 1940 nach Falkensee; zuvor musste die Krankenschwester ihr 1935 gebautes Haus in Klein-Machnow verkaufen. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft galt sie als „Jüdin“ und war so den Verfolgungsmaßnahmen der Nationalsozialisten ausgesetzt. Steffens wurde getauft und fühlte sich als Christin, weswegen sie das Tragen des Judensternes verweigerte. Dafür wurde sie im Januar 1942 mit einer Geldstrafe in Höhe von 100 RM bestraft. Bis zu ihrer Verhaftung und Deportation am 11. April im gleichen Jahr lebte sie im Falkenkorso 134. Ihr geschiedener Mann hatte hier ein Wochenendhaus angemietet, das noch immer Besitz der Familie ist. Elisabeth zog hier bis zum Tag ihrer Verhaftung Hunde groß, bis zu dem Tag. Über die Umstände, die zu der Verhaftung führten, ist leider nichts bekannt. Am 14. April 1942 wird Elisabeth Steffen von Berlin-Grunewald nach Trawniki (Polen, bei Lublin) deportiert. Dort verliert sich ihre Spur.
Vor dem Haus in der Elsterstraße 28 erinnern nun zwei Stolpersteine an das tragische Schicksal des Ehepaares Zorn. Eva und Hermann Zorn wussten sich in ihrer Not nicht anders zu helfen, als den Freitod als Ausweg zu wählen. In seiner herausgehobenen beruflichen Position als Personalleiter bei Siemens in Berlin wurde der Major a. D. gedrängt, sich von seiner Eva allein aus rassistischen Gründen scheiden zu lassen. Eva Zorn, geboren 1880, war jüdischer Herkunft. Das in ihrer Ehe kinderlos gebliebene Ehepaar sah keinen anderen Ausweg und wählte den Freitod. Während Eva Zorn am 13. Juli 1943 gegen 22 Uhr verstarb, wurde Hermann Zorn schwer verletzt in das Krankenhaus Nauen eingeliefert, wo er einen Tag später verstarb. Beide sind auf dem Falkenseer Friedhof „Seegefeld“ beigesetzt. „Wir wissen nicht annähernd, was in den Köpfen der beiden an diesem Abend vorging, aber ich freue mich, dass wir die Namen aus der Versenkung hervor geholt haben“ bemerkte Hans-Ulrich Rhinow, der das Schicksal der Eheleute Zorn recherchierte und dabei auf einen Nachkommen traf. Dieter Zorn, Großneffe der Zorns, nahm sich die Zeit und reiste aus Hamburg zur Verlegung der beiden Stolpersteine an. Nach dem tragischen Tod der Zorns zog seine Familie aus dem von Bomben bedrohten Berlin nach Falkensee. „Hier herrschte wenigstens äußerlich Frieden“, so Zorn. „Allein, dass Eva Zorn jüdischer Abstammung war, baute einen ungeheuerlichen Druck auf. Daran zu erinnern, finde ich sehr wichtig. Nur so können wir für die Zukunft daraus lernen. Mich persönlich hat es wieder an das Schicksal meines Großonkels erinnert. Hermann Zorn konnte hier nicht friedlich leben“. Mit einer Schweigeminute wurde an Elisabeth Steffen und das Ehepaar Zorn gedacht. Besucher beider Veranstaltungen legten Blumen auf die frisch verlegten Steine nieder.
Der Künstler Gunter Demnig erinnert mit seiner deutschlandweiten Aktion an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten frei gewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing in den Bürgersteig einlässt. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist" und deswegen hält Demnig mit den Steinen vor den Häusern die Erinnerungen an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten. Mittlerweile hat Falkensee 15 dieser Stolpersteine. Die ersten sind 2007 verlegt worden, die letzten drei am 9. Mai 2011. Sie tragen die Namen von Menschen, die einst in Falkensee gewohnt haben und in den 30er oder 40er Jahren aufgrund des Glaubens, der Herkunft oder der politischen Überzeugung misshandelt oder ermordet wurden.
Weitergehende Infos finden Interessierte unter wwww.stolpersteine-falkensee.de. Wer in der Arbeitsgruppe Stolpersteine mitmachen möchte, kann auch über das Museum und Galerie Falkensee unter der Rufnummer 03322 22288 Kontakt zu der Gruppe erhalten. Die Vorbereitungsgruppe Stolpersteine Falkensee ist ein Teil der Lokalen Agenda 21 und trifft sich einmal im Monat. Die jeweiligen Termine sind den Medien zu entnehmen.
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